Kampf dem inneren Schweinehund
Mittrainiert: Julia Klassen lernt beim Tri-Team Heuchelberg, dass Triathleten eigentlich ganz normale Menschen sind
Erschienen im Mühlacker Tagblatt
Der erste Volksbank-Triathlon in Mühlacker wird an diesem Sonntag Hunderte Sportbegeisterte in die Stadt locken. Grund genug für MT-Mitarbeiterin Julia Klassen, sich selbst einmal mit dieser Sportart auseinanderzusetzen. Beim Tri-Team Heuchelberg gibt es ein Trainingsangebot für Jedermann.
20 Sekunden können verdammt lang sein – und zehn Sekunden ziemlich kurz. Das stellt Julia Klassen beim hochintensiven Intervalltraining „Tabata“ fest. |
Mühlacker/Heilbronn. Wenn an diesem Sonntag der erste Triathlon in Mühlacker stattfindet, werden mehr als 300 Sportler auf den verschiedenen Strecken an den Start gehen. Sie werden Schwimmen, Radfahren und Laufen.
Ich werde nicht dabei sein. Und das hat einen einfachen Grund: Ich traue mich nicht.
Triathlon – schon allein das Wort weckt bei mir ehrfürchtige Gefühle. Vor meinem geistigen Auge sehe ich ausgezehrte und nass geschwitzte Männer und Frauen am Rande ihrer Kräfte, die sich mit letzter Kraft über die Ziellinie retten. Ich selbst bin dagegen ausdauertechnisch leider in etwa so fit wie ein Faultier – und wahrscheinlich genauso motiviert.
Ich bewundere aber die Menschen, die sich solche eine Tortur antun – und möchte sie kennenlernen. Beim Tri-Team Heuchelberg, für das übrigens auch Sebastian Kienle aktiv ist, finde ich eine Gruppe Triathleten, die sich ohne Leistungsdruck und auf ganz unterschiedlichen Leveln auf ihre persönlichen Wettkämpfe vorbereiten. Der Nachteil ist, dass das Training in Frankenbach bei Heilbronn stattfindet, doch einen vergleichbaren Verein gibt es in der näheren Umgebung nicht.
Einer der größten Fehler, die ein Sportler machen kann, ist, sich selbst zu überschätzen. Das kommt mir allerdings nicht in den Sinn. Weil ich weiß, dass ich beim Schwimmen, Laufen und Radfahren hoffnungslos überfordert wäre, bin ich froh, dass zu einem kompletten Triathlon-Training mehr gehört als die drei Disziplinen. Einmal wöchentlich trifft sich die Tri-Team-Gruppe zum Kraft- und Stabilisationstraining in der Halle. Genau das Richtige zum Einstieg.
Als ich ankomme, bin ich überrascht: Das sind ja alles ganz normale Menschen. 20 an der Zahl, Frauen und Männer, 24 bis 69 Jahre alt. Die einen starten am liebsten bei Volkstriathlons über 500 Meter Schwimmen, 20 Kilometer Radfahren und fünf Kilometer laufen, andere auf der Kurzdistanz (auch „olympische Distanz“, 1,5km/40km/10km) oder der Mitteldistanz („70.3 Ironman“; 1,9/90/21,1) und die ganz Verrückten wagen sich auf die Langdistanz („Ironman“; 3,8/180/42,195). Jeder wie er mag.
„Das ist wirklich ein Sport, den jeder machen kann“, sagt Christiane Herrmann und rückt dadurch mein Bild vom Triathlon zurecht. Die Trainerin weiß aber auch, dass viele Menschen Vorstellungen haben wie ich und sich deshalb nicht an „diese wunderbare Sportart“ herantrauen. „Vor allem das Schwimmen schreckt viele ab“, sagt die 37-Jährige. Dabei könne man sich gerade in dieser Disziplin mit der richtigen Anleitung ganz schnell verbessern.
Heute aber steht das Training der Stabilität und der Kraft-Ausdauer im Vordergrund. „Ich habe uns ein Tabata mitgebracht“, sagt Christiane Hermann. Ich verstehe Ciabatta, doch ums Essen geht es hier nicht. Ein Tabata ist ein hochintensives Intervalltraining, kurz HIIT. „Damit gehen wir an unsere Grenzen“, verspricht die Trainerin. Ein Tabata besteht aus acht Intervallen, jedes dauert 20 Sekunden bei höchster Intensität, dazwischen hat man zehn Sekunden Pause. Das Ganze machen wir mit sechsmal, mit sechs triathlonspezifischen Übungen.
Los geht es mit sogenannten Burpees, einer Art Liegestützsprung. Es ist unglaublich, wie lange 20 Sekunden sein können – und wie kurz zehn Sekunden. „Man spürt richtig, wie das Laktat einschießt“, bringt es mein Nebenmann auf den Punkt. Denn auch meine Muskeln brennen schon. Es folgen Übungen für den Bauch, den Rücken, den Rumpf und die Beine. Eben für die Muskeln, die beim Schwimmen, Radfahren und Laufen wichtig sind. Ich bin froh, dass nicht nur ich bald außer Puste bin. Auch neben mir wird geschnauft, geschwitzt und geflucht.
Doch keiner gibt auf. So sind Triathleten. Dank des Gruppenzwangs halte auch ich durch. „Es ist der Vorteil von unserem Verein, dass man die Sachen in der Gruppe macht, zu denen man sich alleine nur schwer aufraffen könnte“, sagt Frerk Sonntag, der bereits mehrere Triathlons über die Mittel- und die olympische Distanz hinter sich hat.
Die Geschichten der Teilnehmer ähneln sich. Viele haben erst spät zum Triathlon gefunden. Alle haben mit der Zeit eine Art Triathlon-Sucht entwickelt. Trainerin Christiane Hermann ist seit fünf Jahren dabei und hat drei Mitteldistanz- und sehr viel mehr kürzere Triathlons absolviert. „Die Sprintdistanz geht schon nach einer kurzen Trainingsphase. Für alles, was über die olympische Distanz hinausgeht, sollte man schon drei bis vier Jahre Vorlauf einplanen“, rät die Altenpflegerin.
Für den Anfang braucht man nicht viel. Gute Laufschuhe und ein Fahrrad, das kein spezielles Triathlonrad und auch nicht zwingend ein Rennrad sein muss. „Ein normales Mountainbike tut es für die kürzeren Distanzen auch“, sagt Christiane Hermann.
Auf dem Heimweg schaue ich auf mein Navi. Genau 45 Kilometer sind es von Frankenbach nach Mühlacker. Macht hin und zurück 90 – also genau die Strecke, die man bei der Mitteldistanz auf dem Fahrrad zurücklegen muss. Man könnte also auch zum Training radeln…
Na gut, dafür müsste ich dann doch noch ein paar Jahre intensiv trainieren. Aber die Angst vor dem Triathlon wurde mir auf jeden Fall genommen. Falls es 2018 zu einer Neu-Auflage des Mühlacker Triathlons kommt – wer weiß, vielleicht wage ich mich dann doch an dieses Abenteuer.